Berufsdienst neu denken!
Der länderübergreifende Aufruf unseres Arbeitskreises zu rotarischen Berufsdienstprojekten wirft ein neues Licht auf die rotarische Kernaufgabe „Berufsdienst“. Das zeigen die Rückmeldungen aus den einzelnen Clubs wie etwa:
- Wir haben in den letzten Jahren keine Berufsdienstprojekte mehr auf den Weg gebracht
- Nicht jeder Club hat einen Berufsdienstbeauftragten ernannt
- Die Zahl der „Player“, die sich diesem Thema annehmen ist mittlerweile groß und in den einzelnen Regionen teilweise unübersichtlich
- Dazu zählen neben den Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern, die Bundesagentur für Arbeit sowie eine Vielzahl von Bildungszentren.
- Die einzelnen Bundesländer haben darüber hinaus Landesstrategien entwickelt, so z.B. Berufswahlkompetenzmodelle etwa in Thüringen, bei denen zusätzlich die Unterstützung von Wirtschaftspartnern angefragt wird.
Hier und da beteiligen sich rotarische Clubs der jeweiligen Region an den entsprechend von diesen Playern ausgerichteten Berufsinformationsveranstaltungen, die oftmals ab der Klasse 8 angeboten werden. Können wir unter den gegebenen Umständen noch von einer rotarischen Kernaufgabe sprechen?
Ich denke, ja, unbedingt. Wir müssen allerdings unsere rotarische Vorstellung vom Berufsdienst einer kritischen Analyse unterziehen, die sich an den gesellschaftlichen, kontinuierlich wandelnden Gegebenheiten orientiert. Die Fakten liegen auf der Hand:
- Wir haben einen massiven Arbeitskräftemangel in den praktischen Berufen (Handwerk, medizinisch-pflegerische Versorgung, soziale Unterstützung….), so dass der Berufsausbildung gegenüber dem Studium eine größere Aufmerksamkeit zukommen sollte. Das ist die Intention unseres Projektaufrufs.
- Bei der Frage, wie die Berufsorientierung idealerweise ausgerichtet werden sollte, ist zwingend zu berücksichtigen, dass sie als lang angelegter Prozess der Talentanalyse und Talententwicklung einen Beitrag zur sicheren Berufswahl leisten kann. Derzeit haben wir eine hohe Zahl von Ausbildungsabbrechern, was nicht unbedingt für die kurzatmige Berufsorientierung spricht.
- Experten fordern einen systematisch aufzubauenden Orientierungsrahmen, der in den Kindergärten startet und konsequent über die Grundschulen und tief in die weiterführenden Schulen mit Projektbausteinen hineinreicht.
- Neugier entfachen ist dabei ein zentrales Thema für die Motivation der potentiell langfristig Auszubildenden.
- Inhaltlich müssen gesellschaftliche Megatrends beachtet werden mit ihrer Relevanz für Qualifikations- und Berufsprojektionen. Dazu zählen u.a. die Hard Skills zu Themen wie Klimawandel, Energieversorgung, technologische Entwicklungen (Digitalisierung, KI…),
- Bei der Gestaltung der Arbeitswelt mit immer komplexeren Produkten sind Soft Skills gefragt wie Kooperation mit anderen Gewerken und Disziplinen, treffsichere Kommunikation ob analog oder virtuell, Ausdauer, Zuverlässigkeit…. All das, was wir unter sozialen Fähigkeiten verstehen. Sie sind vor dem Hintergrund der schnell sich überholenden Fachkenntnisse eine entscheidende Grundlage für Erfolg.
Der rotarischen Berufsorientierung eröffnen sich vor diesem Hintergrund vollkommen neue Betätigungsfelder, die von Kindergärten und Schulen gerne aufgegriffen werden. An dieser Stelle sei auf zwei Beispiele verwiesen, die im Kindergarten bzw. in der Grundschule mit Unterstützung von rotarischen Clubs umgesetzt werden können, entweder durch einen digital versierten Rotarier oder aber über eine Finanzierung eines Medienexperten durch den Club, der in der Einrichtung das Projekt umsetzt:
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Die Kooperation mit Landesmedienanstalten, den Kinderkanälen der öffentlich-rechtlichen Sendern erweist sich dabei als sehr hilfreich. Auch bei der Aufnahme von neuen rotarischen Mitgliedern sollte die berufliche Ausrichtung der potentiellen Kandidaten in diesem Sinne eine stärkere Berücksichtigung finden.
Marion Eich-Born