Pandemie als Katalysator für Clubentwicklung

Allgemein, Thema Berufsdienst

Die Studie des Arbeitskreises Werte.Bildung.Beruf „Rotary und COVID-19 – Bewältigung einer Krise“ vermittelt nicht nur einen Einblick in die Vielfalt der rotarischen Clubs. Sie zeigt vielmehr die clubinternen und die nach außen gerichteten Möglichkeiten des Berufsdienstes auf und gibt Transformationshinweise für Clubs und Distrikte.

ten ihre Meetings zumindest kurzfristig ganz ein, an-dere führten sie sofort online durch oder führten Hybrid-Meetings ein. Allen gemein ist die Frage, wie die Entwicklung weitergeht und welche Formen bei-behalten werden sollten. Dahinter stehen dann per-sönliche Erfahrungen und der Wunsch nach einem möglichst intensiven, persönlichen Austausch. Insofern ist die rotarische Welt ein Abbild der Entwicklung in der jetzigen Arbeits- und Lebenswelt.

Welche Idee hat zu der Studie geführt?
Peter Duryn: „Im Arbeitskreis Werte.Bildung.Beruf arbeiten die Berufsdienstbeauftragten der deutschsprachigen Distrikte zusammen. Wir betrachten den Berufsdienst nicht nur als Keimzelle, sondern nach wie vor als die Kernkompetenz von Rotary. Damit lag es für uns auf der Hand, in einer Bestandsaufnahme die Einstellungen, Anforderungen, aber auch Nöte der Clubs in der aktuellen Situation zu erfassen, um Diskussionen anzuregen. Dass die Erkenntnisse aus der Studie weit über die Bewältigung der aktuellen Krise und über Themen des Berufsdienst hinaus gehen, hat uns dabei mehr als überrascht.“
Wer hat sich an dieser Studie beteiligt?
Gert George: „Es haben sich 339 Clubs aus den Ländern Deutschland, Österreich, der Schweiz, Liechtenstein und Ungarn beteiligt. Mit fast 500 auswertbaren Fragebögen sehen wir die Studie als einen bislang einzigartigen Querschnitt über die rotarische Clublandschaft an und waren von der Resonanz begeistert. Spannend ist dabei, dass der Fragebogen für einige Clubs sogar Initialzünder und Ideengeber für eine umfassende Diskussion in ihren Meetings war.”
Welche Handlungsempfehlungen lassen sich für einen Club ableiten?
Peter Duryn: „Jeder Club ist durch eine individuelle Historie, seine Mitglieder aber auch durch seinen Standort geprägt und damit einzigartig. Daher muss die Bewertung vor Ort stattfinden: auf Ebene des einzelnen Clubs. Wir können zur Diskussion in den Clubs anregen, jedoch keine generellen Handlungsempfehlungen aussprechen, die für alle Clubs zutreffend sind. Dies wäre nicht nur dünnes Eis, sondern angesichts der Einzigartigkeit jedes Clubs anmaßend.”
Gert George: „Ein Club sollte die Ergebnisse der Studie an seiner eigenen Situation spiegeln. Im Rahmen von Gesprächen, die den gesamten Club einbeziehen, lassen sich so nicht nur Ideen für kurzfristige Aktivitäten, sondern auch für die zukünftige Entwicklung des Clubs finden. Wichtig erscheint uns, dies nicht als ‘One-Hit-Wonder‘ zu verstehen, sondern als einen Prozess, der nachhaltig im Club getrieben und verankert wird. Und dafür ist es erforderlich, dass sich Freundinnen und Freunde – auch über die Amtszeit eines Vorstandes hinweg – den Hut dafür aufsetzen.”
Download der Studie hier: StudienauswertungFinalAnhang

Das rotarische Treffen als Präsenz-, Hybrid- oder Online-Meeting ist nur auf den ersten Blick eine Frage der jetzigen Situation und hat schon gar nichts mit einer eher vorsichtigen oder mehr mutigen Heran-gehensweise zu tun. Hier werden bekannte Prozesse des Strukturwandels aus der Arbeitswelt abgebildet, in der flache Hierarchien, schnelle Treffen, Arbeiten in sich stetig wandelnden Arbeitsgruppen schon längst verbreitet sind. Das Arbeiten im Netzwerk bindet viel-fältige Erfahrungen ein, dient der gegenseitigen Inspi-ration und verstärkt die Wirkung. Über 40% der Befragten haben ein sehr hohes und hohes Interesse an einem Austausch mit anderen Berufsgruppen über die Grenzen des Clubs hinaus. Online-Seminare, Vernetzung und berufsgruppenübergreifender Erfahrungsaustausch, Vermittlung von Referenten und Austausch über Best Practice-Modelle werden von über 60% der Befragten gewünscht.Das ist eine Rückbesinnung auf das Zentrum der rota-rischen Idee – transponiert in die heutige Zeit. Allerdings müssen die entsprechenden Formen und Rah-menbedingungen sich noch entwickeln und eingeübt werden. So werden Informationen über interessante Online-Meetings anderer Clubs, gerne auch in größerer räumlicher Distanz und mit Einwahldaten, gewünscht. „Wir sind ein ‚junger‘ Club – die oberste Sprosse auf der Karriereleiter ist für die meisten noch nicht erreicht; daher sind Treffen von Mitgliedern un-terschiedlicher Berufsgruppen und hierarchischer Position hilfreich und in-teressant“. Dem stehen Clubs mit geringer Spreizung der Alters- und Berufsstruktur als Hemmnis ent-egen. Die „Sichtweise jüngerer und junger Freundinnen und Freunde und ihre Erfahrung mit unterschiedlichen Füh-ungsstilen in und au-ßerhalb der Krise“ gilt es zu aktivieren. Na-hezu drei Viertel der Clubs wünschen sich engere Kontakte zu Rotaract Clubs, ein Fünftel arbeitet bereits eng zusammen. Hier sind Initiativen geboten, um diese Entwicklung weiter zu fördern.

Eckpfeilern tätig sind. Ihnen zuzuhören und im Team zu schlussfolgern, das weckt Verständnis für die Nöte der Menschen. Diskussionsgeleitetes Ringen um Lö-sungen, Verbreitung von Best-Practice-Beispielen, ei-gene Angebote und fundierte Forderungen an Ent-scheidungsträger zeigen auf, dass wir erfinderisch, un-ternehmerisch und flexibel sind. Dies ist kein Selbst-zweck: es verstärkt das rotarische Wirken, trägt zur Diversifizierung der Mitgliedschaft bei und erhöht ge-rade für jüngere Erwachsene die Attraktivität der Rotary Clubs. Neue Möglichkeiten für persönliche und berufliche Kontakte werden durch die stärkere Einbin-dung geschaffen; eine Innovationskultur sorgt für die beständige Bereitschaft zur Veränderung und Verbes-serung der Clubs. Nicht nur zufällig erkennt man darin die strategischen Ziele des Aktionsplanes wieder!
Wo finden sich diese Hinweise konkret in der Studie? Das Interesse an der Werte-Frage spiegelt ihre Bedeu-tung in der heutigen Berufswelt wider und ist gekop-pelt an deren normative Kraft. Der Wunsch nach beder Vernetzung und – auf die rotarische Welt bezogen – des diensteübergreifenden Handelns dar. Ein Blick auf die sieben rotarischen Schwerpunktbereiche verdeutlicht schnell, dass durch das Einbringen der Kompetenzen vieler die Wirksamkeit erhöht werden kann. Dies ist nicht da-mit zu verwechseln, dass das Wissen, die speziellen Kontakte und die Erfah-rung der einzelnen Dienste obsolet werden – im Gegenteil.
Findet im Club ein solcher Austausch statt? Teilen die Dienste im Distrikt ihr Wissen und ihre Aktivitäten regel-mäßig mit dem gesamten Distriktteam? Wird der Mehrwert dieser Vernetzung erkannt und genutzt? Online-Meetings und -Seminare ermög-lichen eine breitere Aufstellung. Beispiele sind das im Distrikt 1850 stattgefundene Seminar zur Führung aus dem Home-office und die Online-Teilnahme am MINT-Forum der Distrikte 1810 und 1870. Clubs, die aufgrund ihrer Mit-glieder- oder Altersstruktur manche An-gebote nicht selbst initiieren können, gewinnen mit ei-ner Öffnung an Attraktivität und können erfolgreich ihren Kreis breiter aufstellen. Kontakte zu jungen Er-wachsenen und zu Rotaractern sind so leichter mög-lich, erweitern den Themenkreis und ermöglichen ge-meinsame Aktivitäten – und tragen so durch neue Auf-nahmechancen zur Verbesserung der Altersstruktur bei. Transfer und Coaching findet in beide Richtungen gleichermaßen statt.Hybrid-Meetings sollten nicht als Notlösung betrach-tet werden, sondern vielmehr als zukünftige Normali-tät. Dann dienen sie zur stärkeren Vernetzung zwi-schen den Clubs, zur Einbindung bisher Außenstehen-der, unterstützen eine berufsgruppenübergreifende Vernetzung, binden junge Erwachsene als Zielgruppe stärker ein. Nicht zu vergessen, dass berufsbedingte Abwesenheit ein häufiges Hemmnis für eine Teil-nahme ist und motivierende Präsenzvorträge gerade in ländlichen Clubs nicht immer leicht organisiert wer-den können. Die Teilnahme im Alter und bei Erkran-kung kann so ebenfalls ermöglicht werden. Alles Ge-danken, die mit Corona nichts zu tun haben, aber viel-leicht jetzt ins Blickfeld rücken.

Die Studie möge in den Clubs und Distrikten als Katalysator für ihre Transformationsprozesse genutzt werden.

Peter Duryn, RC Bad Bederkesa Gert George, RC Wesel-Dinslaken

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